„Ist eine der Fragen – vorläufig – beantwortet, ergeben sich daraus meist drei neue“ – Gewinner Marc Partetzke im Interview

Marc, wie kam es dazu, dass du bei I’m a Scientist mitgemacht hast? War es dein erster Kontakt mit Wissenschaftskommunikation und/oder mit der Zielgruppe „Schüler*innen“?

Tatsächlich habe ich mich um die Teilnahme beworben. Ich kannte das Format aus den Durchgängen der letzten Jahre und war und bin davon begeistert. Gerade in den aktuellen Zeiten, in denen wir Wissenschaftler*innen vermehrt Anfeindungen ausgesetzt sind, war und ist es mir wichtig, einen Kontrapunkt zu setzen und zu zeigen: „Wir schotten uns nicht ab und beschäftigen uns nicht (nur) mit uns selbst und unserer Community, sondern haben sowohl das Bedürfnis danach als auch den Anspruch daran, mit einer breiten und interessierten, auch nicht-akademischen Öffentlichkeit in den Austausch zu treten.“ Insofern bin ich mit verschiedenen Formaten der (externen) Wissenschaftskommunikation bereits vertraut – Interviews, Podcasts, Videos, Schüler*innenunis usw. habe ich an der einen oder anderen Stelle schon geben, produzieren und betreuen dürfen und als Politiklehrer*innenbildner ist mir die Zielgruppe Schüler*innen natürlich nicht neu – das konkrete Format allerdings war ein Novum.

Mit welchen Erwartungen bist du in die Themenrunde „Demokratie“ hineingegangen?

Ausgehend von empirischen Ergebnissen der Politischen Kultur- und der Jugendforschung bin ich schon davon ausgegangen, dass die teilnehmenden Schüler*innen grundsätzlich am Thema interessiert sind, zumal ihre Teilnahme ja freiwillig gewesen ist. Beeindruckt haben mich dann aber doch sowohl die Spannbreite der von ihnen angesprochenen Themen als auch das wirklich große und ernsthafte Interesse an unserer Arbeit als Wissenschaftler*innen. Das stimmt mich wirklich optimistisch.

Was nimmst du von dieser Erfahrung für dich und vielleicht auch deine Forschung mit?

Zunächst einmal würde ich gerne versuchen, das Format mit Blick auf die Region, in der ich beruflich tätig bin, gewissermaßen zu „kopieren“ und auf Dauer zu stellen. Gemeinsam mit Kolleg*innen denke ich gerade darüber nach, wie sich eine regelmäßige „Schüler*innensprechstunde“ realisieren lässt, was man dafür benötigt, welcher Tag und welche Uhrzeit sich dafür eignen usw. Allerdings sind wir mit dem Begriff der Sprechstunde noch nicht so recht glücklich, weil das mehr oder minder Einseitigkeit suggeriert. Wir aber wollen diese „Sprechstunde“ diskursiv(er) gestalten.

Für die Forschung nehme ich einerseits die Bestätigung mit, dass es wichtig ist, seine Zielgruppen möglichst genau zu kennen und diese v. a. nicht zu unterschätzen. Andererseits hat mir das Format den Anstoß dazu gegeben, erneut über eher untypische Formate der internen Wissenschaftskommunikation, also den Austausch von Wissenschaftler*innen untereinander, nachzudenken. Es gibt schließlich mehr als Tagungen, Symposien, Vorträge, Workshops und Publizieren.

Was würdest du anderen Forschenden raten, die überlegen, auch an I’m a Scientist teilzunehmen?

Kurz und bündig: Einfach machen!

In deiner Forschung beschäftigst du dich ja u. a. mit der Frage, wie man jungen Menschen Politik begreifbar machen kann und wie sie selbst demokratisch handlungsfähig werden können: Was sind hierbei denn wichtige Kernpunkte? Vielleicht auch mit Blick auf Schulen/Lehrkräfte/Schüler*innen?

Hui, das ist gar nicht mal so leicht zu beantworten. – Ich versuche es mal durch einen bunten Strauß von Fragen, die mich als Politikdidaktiker interessieren: Was denken Schüler*innen über Politik, was wissen sie darüber, sind sie an ihr interessiert und in welcher Intensität? Was ist eigentlich Politik und was heißt politische Handlungsfähigkeit? Was brauchen Menschen (also nicht nur Schüler*innen), damit sie politisch handlungsfähig werden und bleiben? Übrigens zielt diese Frage nicht nur auf die einzelnen Individuen ab, sondern auch auf die strukturellen Rahmenbedingungen einer solchen Handlungsfähigkeit. Wie lassen sich politische Lehr-Lernprozesse verbessern? Welche Rolle spielen eigentlich die Lehrer*innen bei solchen Prozessen und wie kann man sie möglichst gut darauf vorbereiten? – Die Bandbreite der relevanten Fragen – das deutet diese kleine Auswahl vielleicht schon an – ist also riesig. Das macht für mich den Reiz von Forschung aus. Ist eine der Fragen – vorläufig – beantwortet, ergeben sich daraus meist drei neue.

Marc Partetzke ist Professor für Politikdidaktik und Politische Bildung an der Stiftung Universität  Hildesheim. Er hat die Fächer Deutsch und Sozialkunde für das Lehramt an Gymnasien sowie Deutsch als Fremdsprache an der Friedrich-Schiller-Universität Jena studiert. In seiner Forschung beschäftigt er sich u.a. mit dem Zusammenhang von Politischer Kultur und Politischer Bildung, der interdisziplinären sozialwissenschaftlichen Bildung, der historisch-politischen Bildung mit dem Schwerpunkt ehemalige DDR sowie der narrationsbasierten Politischen Bildung. Foto: Daniel Kunzfeld

Zu Marcs Profil bei I’m a Scientist >

 

Posted on April 13, 2022 by modkira in News. Kommentieren

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